Ortsumfahrung Ahrensfelde: Wohngebiete umfahren, nicht zerschneiden!

Marzahn-Nord und Ahrensfelde brauchen eine Ortsumfahrung. Bereits zu DDR-Zeiten wurde eine solche geplant, aber nicht mehr fertig gestellt. Die aktuellen Planungen bedeuten jedoch keinerlei Verbesserung, sondern würden bei deren Umsetzung nur neue Probleme verursachen, als welche zu lösen. Nun versuchen Rechtspopulisten das Thema für ihre Zwecke zu nutzen. Die vor Ort engagierten Bürgerinitiativen sind davon nicht begeistert und lehnen eine Zusammenarbeit mit diesen Kräften ab.

Die Nachricht kam ein wenig überraschend. Nach jahrelangem Stillstand verkündete Verkehrssenatorin Regine Günther 2019, der Senat hätte sich nunmehr mit dem Land Brandenburg auf die Finanzierung des sogenannten Trogs geeinigt und das auf Eis liegende Planfeststellungsverfahren für eine Ortsumfahrung Ahrensfelde könne wieder aufgenommen werden. Die Begeisterung hielt sich jedoch bei vielen, die die Pläne kennen und die Diskussion seit Jahren begleiten, in Grenzen.

Bild: bisher geplanter Trassenverlauf der Ortsumfahrung Ahrensfelde

Zur Geschichte der Ortsumfahrung

Die Wuhletalstraße sollte, so wollten es die Verkehrsplaner in der DDR, am Dorf Falkenberg vorbei an die Falkenberger Chaussee angeschlossen werden, sodass der Verkehr aus Hohenschönhausen über diese Strecke den beschrankten Bahnübergang am S-Bahnhof Ahrensfelde vorher umgeht. Die über die Märkische Allee kommenden Fahrzeuge sollten zum Teil ebenfalls auf die Wuhletalstraße gelenkt werden. Von dort aus sollte es über die heutige Kemberger Straße, quasi den verlängerten Blumberger Damm, zur insgesamten Entlastung vom Verkehr an den drei Wohngebieten Marzahn-NordWest, Falkenberg und Ahrensfelde vorbei bis zur Autobahn gehen.

Bild: Stadtplan, Berlin Hauptstadt der DDR (1988)

Nach 1990 wurden diese Pläne zunächst verworfen. Es dauerte einige Jahre, bis konkrete Planungen für eine Ortsumfahrung wieder aufgenommen wurden. Als Favorit galt immer die beschriebene „DDR-Variante“ (Variante 1), da sie den Verkehr am besten bündelt und vom gesamten Wohngebiet wegführt.

Bild: untersuchte Varianten einer Ortsumfahrung Ahrensfelde

Letztlich setzte sich jedoch bei den drei zuständigen Akteuren – den Ländern Berlin und Brandenburg sowie dem Bund – aus Kostengründen eine andere Streckenführung (Variante 2) durch. Die Märkische Allee soll kurz vor dem Dorf Ahrensfelde am Jugendklub UNO vorbei über die Klandorfer Straße geführt werden, also direkt zwischen dem Wohngebiet Marzahn-Nord und der Gemeinde Ahrensfelde.

Teil der Planungen ist ein sogenannter Trog, der entlang der Klandorfer Straße die dort tiefergelegte Straße abdecken soll. Ziel dieses Baus soll ein angemessener Lärmschutz sein und der Versuch, die Barrierewirkung der Ortsumfahrung abzumildern. Die Kosten des Trogs sollten ursprünglich Teil der Gesamtmaßnahme sein.

Bild: Modell der bisher geplanten Ortsumfahrung, Eingang des Trogs an der Klandorfer Straße, unten rechts der Jugendklub UNO

Das erste Scheitern der aktuellen Planung

Für die ausgewählte Variante 2 wurde 2011 ein sogenanntes Planfeststellungsverfahren auf den Weg gebracht. Hierzu wurden mehr als tausend Einwendungen von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern eingereicht. Diese wurden bisher nicht ausgewertet. Menschen aus dem betroffenen Stadtteil widersprachen von Anfang an den Planungen und organisierten Protest. Der inzwischen verstorbene Günter Beckert gründete die erste Bürgerinitiative gegen den Bau der Variante 2. Er baute maßgeblich das immer noch im Stadtteil ausgestellte Modell der geplanten Ortsumfahrung (siehe Abbildung oben), um auf die massiven Probleme aufmerksam zu machen.

2013 wurde durch den Deutschen Bundestag und der zu diesem Zeitpunkt regierenden Koalition aus CDU und SPD die Finanzierung des Trogs abgelehnt. Stattdessen sollten preiswertere transparente und meterhohe Lärmschutzwände gebaut werden.

Durch die Ablehnung dieses zumindest minimalen Zugeständnisses an die Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils wurde das Planfeststellungsverfahren eingefroren und bis heute nicht wieder aufgenommen.

Die Probleme der ausgewählten Variante

Die ausgewählte Variante erfüllt nicht die Voraussetzungen, um den Erfordernissen des wachsenden Verkehrs und der Bedürfnisse der Bevölkerung gerecht zu werden.

Der geplante Knoten Märkische Allee/Dorfstraße/Ahrensfelder Chaussee ist ein Produkt veralteter Überlegungen. Er wird weder dem motorisierten Individualverkehr, dem Wirtschaftsverkehr noch dem wachsenden öffentlichen Nahverkehr gerecht.

Bild: geplanter Verkehrsknoten Märkische Allee/Klandorfer Straße/Dorfstraße

Der Verkehr aus Hohenschönhausen entlang der Ahrensfelder Chaussee wird auch weiterhin am Bahnübergang gestaut. Die Wohngebiete rund um das Dorf Falkenberg, Marzahn-West und die neuen Wohngebiete an der Ahrensfelder Chaussee werden weiterhin unter dem sich stauenden Verkehr leiden.

Die Bahn wird zwangsläufig einen höheren Takt erhalten und somit für eine verstärkte Schließung des Bahnübergangs sorgen. Eine Brücke oder Unterführung ist bisher nicht geplant.

Der Verkehr aus Richtung A100 kommend wird sich vermutlich im angedachten Trog vor dem Knoten stauen.

Die Trassenführung wird den Außenbereich des Jugendklubs UNO deutlich verkleinern und unmittelbar an dieser Einrichtung vorbeigeführt werden.

Die geplante Trasse mit Trog entlang der Klandorfer Straße bis zur Anschlussstelle stellt eine meterhohe Barriere mitten im Wohngebiet dar. Trotz der tiefergelegten Straße im Bereich des Trogs wird der darauf aufzuschüttende Berg bis zu vier Meter hoch sein. Die davor und danach zu bauenden Lärmschutzwände werden diese Höhe weit überragen.

DIE LINKE kämpft seit Jahren für ein neues Verfahren

Die Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf forderte 2015 (Drucksache 1756/VII „Zur Ortsumfahrung Ahrensfelde“) die Planungen grundsätzlich zu überprüfen und sich für eine neue Linienführung einzusetzen. Weder der rot-schwarze Senat in Berlin, noch der CDU-SPD-regierte Bund haben dies zur Kenntnis genommen. Nicht einmal das SPD-CDU-geführte Bezirksamt wollte diesen Beschluss in irgendeiner Form umsetzen.

2017 startete die Linksfraktion dann einen erneuten Versuch. Mit ihrem Antrag „Ortsumfahrung Ahrensfelde aus der Sackgasse führen“ (Drucksache 0587/VIII ) forderte die Fraktion, die bisherigen Planungen aufzugeben und eine neue Variantenuntersuchung für eine wirkliche Umfahrung der Wohngebiete einzuleiten. Der vom Bund verursachte Stillstand schien eine Gelegenheit zu sein, ein neues Verfahren zu erzwingen.

Nach monatelangen Diskussionen im Fachausschuss lehnte die Bezirksverordnetenversammlung den Antrag ab. Nur die Verordneten der LINKEN und der Bündnis-Grünen stimmten für die Forderung nach einem Abbruch des Planfeststellungsverfahren. CDU, SPD und AfD beerdigten somit diese Initiative (Bericht zum Nachlesen). Ein Verordneter der AfD begründete das Abstimmungsverhalten später damit, seine Fraktion hätte sich nicht ausreichend mit dem Thema beschäftigt. Das ist vor allem deshalb besonders merkwürdig, da der Antrag mehr als ein Jahr im Ausschuss behandelt wurde, bevor die Bezirksverordnetenversammlung darüber abstimmte.

Unser Vorschlag

Es muss ein neues Verfahren für eine Ortsumfahrung Ahrensfelde auf den Weg gebracht werden. Hierbei müssen alle Verkehrsströme betrachtet werden. Bürgerinnen und Bürger müssen bei allen weiteren Schritten entscheidend beteiligt werden.

Die Wuhletalstraße als Verkehrssammelstraße und der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs – u.a. Straßenbahn und neuer S-Bahnhof Wuhletalstraße – müssen bei den neuen Planungen miteinbezogen werden.

Wir sehen in einer tatsächlichen Ortsumfahrung Ahrensfelde, die die betroffenen Wohngebiete entlastet und nicht zerschneidet, eine echte Chance für den Stadtteil und die Gemeinde Ahrensfelde. Ein noch stärkeres Zusammenwachsen wird weitergeführt werden können. Der motorisierte Individualverkehr kann weiträumig um das gesamte bewohnte Gebiet herumgeführt werden. Der öffentliche Nahverkehr einschließlich der Bahn ins Berliner Umland (Bericht zum Nachlesen), der Radverkehr und der Fußverkehr werden ebenfalls profitieren.

Wir werden daher unsere Möglichkeiten einsetzen, ein neues Verfahren einzuleiten. Wir werden auch weiterhin an unseren Anstrengungen festhalten und vor allem das Engagement der Bürgerinnen und Bürger unterstützen.

Bürgerbeirat für Marzahn-Nord

Mehrere Bürgerinitiativen aus Marzahn-Nord und der Gemeinde Ahrensfelde sowie Jugendlichen des Jugendklubs UNO engagieren sich und fordern zurecht Mitsprache bei allen weiteren Schritten ein. Zu lange wurde über die Köpfe der Bewohnerinnen und Bewohner hinweg entschieden. Auch in der BVV scheint es ein Umdenken zu geben. DIE LINKE, SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben einen gemeinsamen Antrag gestellt, in dem umfassende Informationen für die Bürgerinnen und Bürger und ein Bürgerbeirat gefordert werden. (Antrag zum Nachlesen) Letzterer soll aus Anwohnerinnen und Anwohnern und weiteren Akteuren des Stadtteils bestehen. Sie sollen bei allen weiteren Schritten beteiligt werden.

Bild: Protesttransparent vor dem Jugendklub UNO gegen die bisherigen Planungen der Ortsumfahrung

DIE LINKE wird weiter Druck machen, damit die betroffenen Menschen vor Ort endlich Gehör finden.

Fazit

Jahrelang wurde behauptet, ein neues Verfahren könne nicht auf den Weg gebracht werden, weil dies noch mehr Zeit kosten würde. Tatsächlich sind inzwischen acht ungenutzte Jahre seit des durch die CDU-SPD-Koalition im Bund verursachten Stillstands des Verfahrens vergangen. Acht Jahre, in denen alle Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern ignoriert wurden.

Wenn heute von den gleichen Parteien, die für den Stillstand verantwortlich sind, behauptet wird, es sei keine Zeit ein neues Verfahren durchzuführen, tragen sie die tatsächlich Hauptverantwortung für Stillstand, Stau und verfehlte Planungen.

Die Rechtspopulisten der AfD, die sich erst seit kurzer Zeit mit dem Thema beschäftigen, versuchen lediglich Wählerinnen und Wähler zu täuschen. Sie haben sich in den vergangenen Jahren an keiner Diskussion für eine wirkliche Ortsumfahrung ernsthaft beteiligt. Im Gegenteil: sie haben eine sinnvolle Initiative mitverhindert, als diese gute Erfolgsaussichten hatte. Daher ist es nur nachvollziehbar, dass die im Marzahner Norden tätigen Bürgerinitiativen keinerlei Zusammenarbeit mit dieser Partei wünschen.

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